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Dienstag, 12. Mai 2015

Perštejnské Giro 2015 am 09.05.15

Eine kurze Anreise, ein geringes Startgeld, eine vom Papier her vernünftige MTB-Strecke, die ihren Namen auch verdient: Grund genug, nach Tschechien in die Gemeinde Perštejn nahe des Col de Keil zu düsen, um weitere wichtige Rennkilometer für die noch nicht optimale Form zu sammeln. Ein tschechischer Rennkilometer entspricht dabei in etwa zwei deutschen.

Mein Kfz schnurrt auf der Hinfahrt durchs kurvige Gebirge vor Freude, bei Ankunft riechen aber die Bremsen etwas verschmort. Torsten „Mütze“ Mützlitz weist mich vor Ort ein, da nix ausgeschildert ist. Weitere deutsche Protagonisten wie Lutz Baumgärtel und Dani Storch, Sascha „Waldi“ Heinke, Andi Weinhold, David Seidel, Marcel Seidel, Steffen Wolfram usw. treffe ich am Start. Mütze erzählt mir beim Warmfahren noch Schoten vom letztjährigen Rennen, als alle den ersten Anstieg hochknallen und dann abparken.

Am Start stehe ich sehr weit hinten, kann aber in der neutralisierten Phase bis nach vorne durchfahren. Am ersten Berg rufe ich mir Mützes Worte ins Gedächtnis, nicht zu überziehen. Ich lasse es etwas gemütlicher angehen. Die Strecke kenne ich auch nicht. Blöd nur, dass einige „MTB’ler“ vor jeder Schlammpfütze bremsen und den Verkehr dahinter aufhalten. Es entsteht ein kleines Loch nach vorne, was ich in einem der wenigen Flachstücke wieder zufahre nach ein paar Kilometern. Nachteil: Ich bin erst mal blau und muss die Truppe am nächsten steilen Col wieder fahren lassen. Im Rennen drin bin ich noch nicht so richtig – das übliche Thema bei mir. Etwas später läuft es besser, und ich kann einen nach dem anderen Fahrer einsammeln – bis es zisch macht am Vorderrad, und das bergauf. Freude. Ca. ein Bar Luft entweicht, bis die Milch dann doch ihren Dienst verrichtet. Ich muss nicht runter vom Hobel – noch nicht. Etwas schwammig zwar, aber noch fahrbar. Ich bin zu faul, nachzupumpen, um den Anschluss nicht noch mal zu verlieren. Eine weise Entscheidung trotz einiger Durchschläge. Mitte der Strecke bin ich mit einem Tschechen nach vorne rausgefahren. Ohne Streckenkenntnis verpasse ich den einen oder anderen Abzweig, doch der nette Tscheche pfeift mich in aller Regelmäßigkeit zurück. Wir unterhalten uns in Englisch. Auch dieser Tscheche könnte – wie der von letzter Woche – mein Sohn sein, stellt sich heraus. Zusammen holpern wir die wirklich feinen Trails hinab in Richtung Perštejn. Mein rechter Bremshebel ist jedoch zu weit vom Lenker entfernt, was mein Handgelenk mit zunehmendem Kraftverlust quittiert. Das nächste Mal stelle ich den Hebel weiter ran, schwöre ich mir. Und ich bin überrascht, dass der einheimische Tscheche nicht schneller bergab fährt als ich.

Inzwischen schauert es recht heftig, und es wird glitschig. Kurz vor der Straße in Richtung Ort zieht es mir in einer schlammigen Spurrille abrupt das Vorderrad weg. Der alte Mann stürzt, und natürlich auf den linken, noch nicht ganz verheilten Ellenbogen. Der Tscheche erkundigt sich nach meinem Befinden. „Alles okay!“, bin doch ein Mann, das tut nicht weh, überhaupt nicht. Und es blutet auch nichts, gar nichts. Und dass ich schon wieder quasi meinen Knochen durch die aufgeklappte Haut sehe, ist sicher nur Einbildung. Also fahre ich erst mal weiter und bemerke, dass mein Garmin am Lenker Reißaus genommen hat. Der kann sicher kein Blut sehen. Also rein in die Eisen, Kehrtwende, entgegen der Strecke fahren und im Schlamm das Navi suchen. Ich finde es glücklicherweise in einer Schlammpfütze und stecke es ins Trikot. Die ganze Aktion kostet mich zum Glück nur zwei Plätze. Ich fahre zunächst auf Sicherheit und recht gemütlich, und da der Arm noch zu halten scheint, gebe ich wieder etwas mehr Stoff und hole die beiden Leute vor mir beinahe ein trotz einiger waghalsiger Manöver auf den letzten Trails in Richtung Ziel. Der Rückstand zu den vor mir ins Ziel gekommenen Heizern um Lutz, Mütze, Waldi und Co. hält sich trotz der ganzen Pleiten erfreulich in Grenzen. Da wäre mehr drin gewesen, wenn die Strecke länger gewesen wäre. Kann aber auch sein, ich wäre an Blutarmut jämmerlich zugrunde gegangen.

Die Siegerehrung – ich werde in der AK noch Zweiter – muss ich weglassen, die übernimmt Baum Lutzgärtel stellvertretend für mich. Danke! Stattdessen geht es nach der Erstbehandlung durch hübsche, aber etwas überforderte Tschechinnen und einen tschechischen Sanitäter, der einen etwas verlodderten Eindruck macht, nach meinem Einspruch nicht in ein tschechisches Provinz-Krankenhaus, sondern nach Chemnitz in die Notaufnahme – mein zweiter Wohnsitz. Waldis Vater, Herr Heinke, fährt meinen Audi. Ich bin Beifahrer. Sicher ist sicher. Vielen Dank dafür!!! Er setzt mich nach dem Umweg über die heimische Dusche an der Notaufnahme ab, Frau Heinke, die etwas später aus Tschechien folgt, ist schon da, um ihren Mann wieder mit heim zu nehmen. Nach ca. fünf Stunden Wartezeit und einem öffentlich-rechtlichen TV-Abend-Programm, was deutlich mehr Schmerzen bereitet als der Ellenbogen, werde ich mal wieder aufgeschnitten, unter Teilnarkose, versteht sich, die Wunde wird gesäubert, komplett rausgeschnitten und vernäht. Irgendwann müssen die mir Haut vom Arsch transplantieren, weil ich am Arm keine mehr habe. Während der OP witzeln der polnische (und nicht tschechische) Operateur und ich ein wenig herum und diskutieren über die Vor- und Nachteile von Fullys. Den Schleimbeutel muss der Chirurg zum Glück nicht entfernen, denn das wurde er ja bereits letzten Oktober. Und das Innenband hat bissl was abbekommen, ist aber nicht gerissen. Im Gegensatz zu Oktober bleibt mir dieses Mal der Gips erspart, eine Binde tut’s auch. De Modder bringt mich nach der OP um 23.15 Uhr nach Hause, wo's dann noch feines Abendbrot gibt zum Tagesende.

So, nun habe ich wieder ein paar Wochen Zwangspause und muss neu aufbauen – irgendwann und ohne Eile. Mal die schönen Seiten des Lebens genießen … ;-) Sport frei bzw. sportfrei!

Dienstag, 5. Mai 2015

10. Halden-Bike-Marathon am 02.05.15

Durch unglückliche Umstände muss ich kurzfristig meinen Start auf der Ronda Extrema in Riva absagen bzw. dem Veranstalter „schenken“, sodass ich genauso kurzfristig in Löbichau aufschlage zum Kontrastprogramm auf der Halde – ein Straßenrennen, was mit Stollenreifen gefahren wird. Von den Höhenmetern sind es nur unwesentlich weniger als bei der Extrema. ;-). Dafür ist die Strecke etwas länger, sofern man die 102-km-Variante wählt. Ich tue das, weil ich nach langem gesundheitlichen Auf und Ab – wobei das Ab deutlich überwog – dringend Rennkilometer und -härte brauche. Auch die neue XTR will ja eingefahren werden.

Im Gegensatz zu meinen Mitstreitern wie Dr. O, Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael oder Ronald „Roland“ Kunz stehe ich mit kreidebleichen Beinen am Start – woher soll auch die Bräune kommen? Es ist mein erstes Rennen dieses Jahr, und intensives Training war bisher eher Wunschdenken. Da ich keine Verbottler habe, muss ich mir am Rundenabzweig eine geeignete Standfläche fürs Körbchen suchen und beten, dass niemand die Flaschen klaut. Blöd nur, dass dann der Rundenabzweig 20 m weiter hinten ist als angenommen, sodass der Speed am Flaschenkorb durchaus noch als hoch einzustufen ist. Ergebnis: Ich muss bei jeder Rundendurchfahrt gehörig den Anker werfen. Das soll sich schon bald rächen.

Es geht recht gemütlich los, erst etwas später an den kurzen Rampen im „Wald“ dezimiert sich die Gruppe auf sechs, später nur noch fünf Mann. Das Tempo ist erträglich. Zu erträglich für einen Tschechen namens Petr Jezek, der nach vorne rausfährt, nachdem sich Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael vergeblich daran versucht. Wir beschließen, den Tschechen verhungern zu lassen. In der Einfahrt zur Rampe rumst es gewaltig neben mir. Das Hinterrad von Dr. O löst sich aus der Halterung und verbiegt beim Antreten seine Bremsscheibe. Ein Weiterfahren ist nicht mehr möglich. Da sind’s nur noch vier: der Tscheche ein paar Meter vor Benni, Roland und mir.

Zur Rundendurchfahrt werde ich von mir selbst verbottelt. Ich staune nicht schlecht, als der Abzweig nun doch etwas weiter hinten ist als angenommen. Ergo muss ich recht behutsam nach rechts an mein Körbchen ranfahren und die Flasche tauschen. Aber ich fahre mit Vollgas an mein Körbchen ran, verfehle dasselbe, reiße es runter, kann aber noch geradeso eine neue Flasche erhaschen. Dankenswerterweise stellt ein Zuschauer mein Körbchen wieder korrekt hin. Das Ergebnis dieser Aktion: Roland und Benjamin sind einige Meter weg. An Roland drücke ich mich wieder ran, doch Benni fährt dasselbe Tempo wie ich und kann etwas später zum Tschechen aufschließen. Ganz schlecht. Zu zweit kurbeln beide solide durch die Pampa, ich mühe mich redlich, ranzufahren. Im Gelände und den Rampen komme ich etwas näher, doch auf den langen Geraden kämpft der Zwerg gegen Windmühlen. Ich lasse Roland wieder an mein Hinterrad herankommen, um zu zweit die Chancen zu erhöhen, die beiden zu erwischen. Auch das klappt nicht. Roland fliegt etwas später leider aus meinem Windschatten raus, sodass ich nun die Verfolgung alleine stemmen muss. Doch der Abstand wird immer größer. Okay, also Platz drei absichern. Geht eh‘ noch nicht wirklich gut heute.

Beim Flaschenwechsel zur dritten Runde bremse ich diesmal in den Stand ab, um kein weiteres Unheil anzurichten. Das klappt mit etwas Zeitverlust ausgezeichnet. Die Beine allerdings fühlen sich nicht mehr so toll an. Rennhärte kennen sie noch nicht. Ich schalte meinen Tempomat von gefühlt schnell auf zügig und fahre kontrolliert die dritte Runde gänzlich alleine. Schön langweilig. Da gehen einem Dinge durch den Kopf, auweia: „Der Tscheche da vorne könnte mein Sohn sein vom Alter her, oder? Schaltet die neue XTR auch bei anderen so besch… und rasselt auf den unteren Ritzeln? Warum federt meine Gabel im Wiegetritt ein trotz Lockout? Wann deckt Kater Cooper endlich Katze Coco? Warum mache ich das hier eigentlich?“ Fragen über Fragen.

Runde vier beginnt erneut mit einem geglückten Verbottlungsmanöver, Krämpfe habe ich heute keine, aber die Beine fühlen sich inzwischen an wie Pudding. Kurz vor der Halde bemerke ich, dass Roland etwas näher kommt auf den Flachstücken. Ich schalte meinen Tempomaten von zügig auf gefühlt schnell. Roland ist wieder außer Sichtweite. Die letzten Rampen schmerzen zwar, aber ich komme als Dritter hinter Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael und Petr Jezek im Ziel an. Dort geht’s mir nach 70 km Solofahrt erst mal nicht so prickelnd, doch nach einiger Zeit habe ich auch das im Griff.  

Jetzt heißt es, weiter Rennkilometer zu sammeln und vor allem gänzlich zu gesunden. Meine persönlichen 100% sind leider noch ein Stück weit entfernt. Noch …